Die Fruchtkörper höherer Pilze und ihre Bedeutung für den Menschen

Die Fruchtkörper höherer Pilze, auch bekannt als "magic mushrooms" oder "shrooms", werden vom Menschen schon seit vielen tausend Jahren gesammelt und als Nahrungsmittel konsumiert. Dabei enthalten sie nicht nur wichtige Nährstoffe wie Vitamine, Mineralien oder Spurenelemente (Kalač 2009), sondern weisen auch eine Vielzahl pharmazeutisch relevanter Naturstoffe auf, manche Pilze können sogar psychotrope Wirkungen auslösen (Lindequist, Niedermeyer et al. 2005). 

Es ist daher nicht verwunderlich, dass schon früh genau jene Pilze der Gattung Psilocybe von prähistorischen Kulturen als Rauschmittel genutzt wurden. Dabei hatten die bewusstseinserweiternden Eigenschaften der Psilocybe Pilze einen maßgeblichen Einfluss auf die Mythologie und Religion der Menschheit. Dies lässt sich mittlerweile recht sicher aus bisherigen prähistorischen Darstellungen und immer noch existierenden, tausende Jahre alten Pilzkulten ableiten.

Die ältesten Funde und ihre Bedeutung

Die bisher ältesten Funde zum Gebrauch dieser Pilze durch den Menschen stammen aus einer Höhle in Tassili n`Ajjer in Algerien, welche auf ein Alter von mindestens 10.000 Jahre aus der Zeit des späten Paläolithikums geschätzt werden. 

Die Darstellungen werden als Zeugnis rituellen Gebrauchs psychotroper Pilze interpretiert, ersichtlich durch die gestrichelten Verbindungslinien zwischen Pilz und Kopf (Samorini 1999, Samorini 2001). Die Pilze werden der Art Psilocybe mairei zugeschrieben (Guzmán 2012), einer Psilocybin enthaltenden Spezies, die in Afrika endemisch ist. 

In Europa ist der momentan älteste Hinweis für den Gebrauch von Psilocybe eine Wandmalerei in einer Höhle in Pascuala in Spanien, welche auf eine Zeit vor 6000 Jahren datiert werden kann (Akers, Ruiz et al. 2011). 

Die in der Abbildung zu sehenden kleinen Pilze wurden aufgrund ihrer auffälligen Morphologie als Psilocybe hispanica identifiziert. Eine in der dortigen Region häufig vorkommende Art, welche an jener Stelle auch als erstes beschrieben wurde (Guzmán 2012).

Die Verbindung zur Religion und Mythologie

Als Beispiel der späteren Zeit ist der Bronzeguss an der Eingangstür des Hildesheimer Doms zu nennen. Die Arbeit entstand bereits im Mittelalter um 1015 und zeigt die Szene des Sündenfalls am Baum der Erkenntnis. 

Es wird vermutet, dass die Bronze die in Europa häufig vorkommenden Art Psilocybe semilanceata zeigt (Gartz 1996). Aufzeichnungen aus der Zeit der Kolonisation Mexikos im 16. Jahrhundert (Sahagún 1583) dokumentieren einen durch die Kirche verbannten rituellen Gebrauch von Psilocybe, wie es ähnlich auch in Europa stattgefunden hat. 

Die Verbannung heidnischer Rituale durch die Kirche führte eine Zeit lang zum Vergessen um das Wissen psilocybinhaltiger Pilze. Die erste zuverlässige Datierung in der Neuzeit von 1799 durch den Chemiker Augustus Everad ist eine Vergiftung einer britischen Familie durch Psilocybe semilanceata. 

Diese zeigten nach heutigen Erkenntnissen typische Symptome einer Vergiftung mit Pilzen der Gattung Psilocybe. Den ersten Zusammenhang zwischen den bläuenden Pilzen und den Pilzvergiftungen stellte der Mykologe Mordecai Cubitt Cooke auf (Cooke 1902). Er stellte die Hypothese auf, dass die bläuliche Farbe erst durch Umwelteinflüsse hervorgerufen werde und durch die veränderte chemische Umsetzung die Pilze giftig würden.

Die Entdeckung des psychotropen Wirkstoffes

Die Pilzkulte aus Südamerika wurden erstmals 1940 von dem Botaniker Richard Schultes beschrieben, welcher die bewusstseinserweiternden Pilze der Gattung Panaeolus zuordnete (Schultes and Hofmann 1979). 

Nach einigen Expeditionen gelang es 1955 Robert Wasson als erster westlicher Besucher das Vertrauen des Indianer-Stammes der Mazateken in Mexiko zu erlangen. Er nahm selbst an einer Pilzzeremonie, geführt durch die Schamanin Maria Sabinas, teil und konnte erstmals die Wirkung der zuvor gesammelten Pilze genau beschreiben. 

Der rituelle Gebrauch dieser Pilze durch die Ureinwohner Mexikos kann auf mehr als 3000 Jahre datiert werden, reicht vermutlich aber noch viel weiter zurück. Die Fruchtkörper aus der Pilzzeremonie konnten später als Psilocybe caerulescens beschrieben werden (Hofmann 2005, Carod-Artal 2015). 

Der Naturstoff Psilocybin (1) konnten nachfolgend von Albert Hofmann 1958 identifiziert und ein Jahr später synthetisiert werden (a: (Hofmann, Heim et al. 1958), b: (Hofmann, Heim et al. 1958), c: (Hofmann, Frey et al. 1958)). In den 1960er Jahren wurde der Einsatz des Wirkstoffes Psilocybin in der Psychotherapie intensiv erforscht (Metzner 2005).

Das Verbot und die Wiederauferstehung

Ungefähr zur selben Zeit wurde der Gebrauch psilocybinhaltiger Pilze zu Rauschzwecken in der Bevölkerung ebenfalls sehr populär. 

Als direkte Konsequenz des ansteigenden Konsums wurde der Wirkstoff Psilocybin sowie Psilocin 1971 von der Konvention der Vereinten Nationen als psychotrope Substanz der Klasse eins eingestuft und somit offiziell verboten (Nichols 2004). 

Als Folge davon wurden ebenfalls alle wissenschaftlichen Studien mit dieser Substanz im Laufe der Zeit eingestellt. Erst ab den 90er Jahren ist erneut eine gestiegene Anzahl von Publikationen zu diesem Themengebiet zu verzeichnen. Heutzutage ist Psilocybin in klinischen Studien und unter der Bevölkerung wieder eines der am meisten genutzten Psychedelika (Krebs and Johansen 2013). 

Dies liegt vor allem an der relativen Sicherheit des Wirkstoffes. Weiterhin ist die gestiegene Nutzung aufgrund der langen Wirksamkeit der positiven Effekte und der guten oralen Bioverfügbarkeit begründet (Hasler, Grimberg et al. 2004, Johnson, Richards et al. 2008).